Nicole Razavi MdL

CDU: Hermann bremst den Straßenbau aus

Während das Land Baden-Württemberg Projekte priorisiert, behandelt Bayern alle maroden Abschnitte gleich.

Winfried Hermann (Grüne) und das Auto ist ein Thema für sich. Seit über zwei Jahren ist er nun Verkehrsminister in der grün-roten Landesregierung - und damit auch zuständig für den Straßenbau. Dass dies für einen Überzeugungstäter in Sachen Umweltpolitik zum Problem werden kann, ist schon fast programmiert. Exemplarisch ist die ganze Debatte um den neuen Bundesverkehrswegeplan. Hier geht es um die Frage, welche Bundesstraßen in den nächsten Jahren ausgebaut werden müssen. Das Konzept ist einfach: Die 16 Bundesländer machen Vorschläge, und Berlin entscheidet am Ende, welche Straßen ausgebaut werden. So weit die Theorie. Hermann und Ministerpräsident Winfried Kretschmann, bekanntlich ebenfalls ein Grüner, haben sich dazu entschlossen, eine Priorisierungsliste aufzustellen. Doch beide wissen schon jetzt: Für große Sprünge fehlt das Geld. Schon alleine, um die sich im Bau befindlichen Projekte im Land fertigzustellen, sind etwa 900 Millionen Euro notwendig. Doch Berlin stellt Stuttgart pro Jahr lediglich rund 220 Millionen Euro zur Verfügung. Kritik Dass der Verkehrsminister schon im Vorfeld Straßenprojekte niedriger einstuft, stößt bei der CDU im Land dennoch auf Unverständnis.
 
"Er muss den Bedarf anmelden. Einen Finanzierungsplan muss er nicht in seinem Kopf haben", sagt Nicole Razavi, verkehrspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion. Vielmehr solle er als Vertreter des Landes "das angeben, was Baden-Württemberg benötigt", so die Politikerin. Auf die Gestaltung des Bundeshaushaltes habe Hermann sowieso keinen Einfluss. Die Bayern gehen in der Sache anders vor als Baden-Württemberg. "Wir liefern dem Bund eine Liste, in der alle Projekte gleich behandelt werden", sagt Roland Degelmann, Mitarbeiter der obersten Baubehörde im bayerischen Staatsministerium des Inneren. Auf der bayerischen Liste, die der dortige Ministerrat im März verabschiedet hat, stünden 184 Projekte. "Ob ein Projekt wichtig ist, soll dann der Bund entscheiden", so Degelmann. Zum Vergleich: Baden-Württemberg hat bis jetzt 160 Projekte gesammelt. Da zumindest der Versuch der Bürgerbeteiligung Bestandteil der grün-roten Politik ist, hat das Verkehrsministerium gemeinsam mit den vier Regierungspräsidien öffentliche Regionalkonferenzen in Karlsruhe, Stuttgart, Freiburg und Tübingen durchgeführt. Dort wollte Grün-Rot sein Konzept der Priorisierungsliste erklären. Tausende Bürger nutzten die Veranstaltungen, um ihrem Ärger Luft zu machen. "Hier fehlt die Ergebnisorientierung", kritisiert Razavi. Sie glaubt, die Veranstaltungen hätten nur den Zweck, den Bürgern das Gefühl zu vermitteln, sie würden beteiligt.
 
Der Künzelsauer Rathauschef Stefan Neumann bewertet das genauso und bezeichnete kürzlich die Konferenz in Stuttgart als "reine Alibi-Veranstaltung von Grün-Rot". Signal Für Razavi liegt das Problem tiefer. Sie bezieht sich auf den grün-roten Koalitionsvertrag. In diesem ist zu lesen, man könne Straßenneubauten "nur noch in begründeten Einzelfällen realisieren". Für die CDU-Politikerin ein fatales Signal. Razavi: "Damit wird der Eindruck erweckt, Baden-Württemberg habe kein Interesse am Straßenbau."